Stabilisierung

Nicht verarbeitete traumatische Erfahrungen zeigen sich nicht nur im Auftreten der sog. PTBS, sondern können Ursache vieler Störungen sein, aufgrund derer Menschen in Behandlung kommen.  Auch bei erfahrenen Therapeuten können Unsicherheiten auftreten, welche Interventionen  wann notwendig und angemessen sind, wie man Betroffene – auch akut Traumatisierte – unterstützen,  stabilisieren und evtl. auf eine Konfrontation mit den Traumainhalten vorbereiten kann. Und wie kann man selbst eigene Grenzen wahren, um Betroffene gut zu begleiten?

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Traumatisierte Menschen berichten häufig, sie seien sich fremd geworden, etwas in ihnen ist fremd geworden. Sie verstehen nicht, was mit ihnen passiert ist, die Erinnerungen tauchen immer wieder gleichsam aus dem Nichts auf und fühlen sich real an als wären die Betroffenen immer noch in der traumatischen Situation. Sie wissen nicht weshalb die Erinnerungen immer wieder auftauchen und welche Auslöser dafür verantwortlich sind.

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Das Wissen über die Besonderheiten der traumabedingten Gehirnvorgänge und der dadurch entstehenden körperlichen und psychischen Veränderungen ist zentral für einen sicheren Umgang mit den betroffenen Personen. Eine frühzeitige Unterstützung in der akuten Phase trägt zum Wiedererlangen der prätaumatischen Balance bei und stabilisiert stark belastete Betroffene. Jedoch auch für länger zurückliegende und/oder komplexer Traumata ist das Verständnis von Gedächtnis und neurobiologischen Prozessen erklärend und für die Betroffenen entlastend.

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Traumatisierte Menschen leiden häufig nicht nur an einer PTBS, viele Betroffene entwickeln komorbide psychische Störungen wie Depressionen, Angststörungen oder Suchterkrankungen um nur einige zu nennen. Andere wiederum erfüllen keine Kriterien einer psychischen Störungen, bemerken jedoch, dass sie deutlich an Lebensqualität eingebüsst haben. Stabilisierung heißt auch, das Ausmaß der bestehenden Symptomatik und der vorhandenen Belastung zu erkennen und mit adäquaten Methoden zu behandeln.

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(Wieder) Stabilität zu erlangen bedeutet Innenwahrnehmung: Die Patienten sollen Möglichkeiten einer differenzierten Wahrnehmung für Aspekte des realen Lebens erfahren und eine Balance in Bezug auf eigene Selbstanteile finden. Bevor traumatisierte Menschen sich mit traumatischen Inhalten auseinandersetzen können, müssen sie in der Lage sein, Gefühle wahrzunehmen, diese auszudrücken und aushalten zu lernen.

Ein weiterer Aspekt der Stabilisierung ist die Arbeit an inneren Dialogen und Interpretationen über Reaktionen während der Traumatisierung oder Reaktionen bezüglich der auftretenden Symptomatik usw. Hier braucht es Methoden die inneren Dialoge zu besprechen und zu relativieren.

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Skills, die zur Stabilisierung erlernt werden, können für alle Traumatisierten – ob akut, chronisch oder komplex traumatisiert eingesetzt werden. Allein stabilisierende Maßnahmen sind nicht ausreichend zur Behandlung einer PTBS. Jedoch statt dyfunktionaler Vermeidungsstrategien können hilfreiche Fertigkeiten erlernt werden. In Vorbereitung auf die Auseinandersetzung mit traumatischen Inhalten (à Konfrontation) oder für eine bessere Regulation traumabedingter Belastungen braucht es Wissen über Trauma, Traumafolgen und das Traumagedächtnis; eine Wahrnehmung und letztendlich Akzeptanz über auftretende Gefühle sowie eine Modifikation traumabedingter Interpretationen.

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Das Seminar fokussiert auf die Möglichkeiten der Stabilisierung nach traumatischen Erfahrungen durch Psychoedukation, Vermittlung von Skills und reparativen Techniken.

Es richtet sich an TherapeutInnen und ÄrztInnen.

Schwerpunkte der Fortbildung sind folgende Themen:

  • Vorstellung des neurobiologischen Modells (was genau ist ein Trauma und was passiert im Gehirn)
  • Welchen Folgen kann eine Traumatisierung haben?
  • Überblick über mögliche kurz-, mittel- und langfristige Traumafolgen, Erkennen von traumabedingten Belastungen
  • Spezifische Gedächtnisverarbeitung im Kontext Trauma
  • Leitfaden durch die Traumabehandlung
  • Traumaspezifische Psychoedukation
  • Vermittlung von Stabilisierungsskills
  • Reparative Techniken
    • Distanzierung
    • Umgang mit traumaassoziierten Gefühlen
    • Umgang mit Selbstabwertung
    • Sicherheit im Außen
    • Schuld, Vertrauen, Trauer
  • Ausblick auf Auseinandersetzung und Konfrontation
  • Prävention von Traumafolgestörungen

Die Wissenvermitlung erfolgt über theoretischen Input, Kleingruppenarbeit mit Nacharbeitung der dabei entstehenden Fragen im Plenum, sowie der Arbeit an Fällen, die die Teilnehmenden einbringen können.

TERMINE:

21./22. Oktober 2020

17./18. April 2021